Wo ist der Unterschied zwischen Tischler und Zimmermann?

Einmal mehr ist es den konservierenden Bestandteilen eines Moores zu verdanken, das wir heute etwas über unsere Vorfahren erfahren, was sich sonst längst in Nichts aufgelöst hätte. Im Jahr 1894 fanden russische Goldgräber im Schigir-Moor bei Jekaterinenburg eine 3,80 m große Holzfigur. Deren Alter konnte jedoch erst im Jahr 2018 sicher bestimmt werden. Ein russisch-deutsches Forscherteam konnte das Kunstwerk aus Lärchenholz auf ein Alter von etwa 11.500 Jahren berechnen. Noch nie wurde ein auch nur annähernd so altes Artefakt aus Holz entdeckt. Holz spielt in der menschlichen Entwicklung eine enorme Rolle. Ohne den Werkstoff Holz, der sich einfach bearbeiten lässt, zugleich aber auch sehr stabil ist, wäre der Aufbau von Hochkulturen vermutlich längst nicht so schnell vonstattengegangen.  

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Am Anfang war das Feuer

Feuerholz war vermutlich der erste kulturelle Fortschritt, der mit Holz in Verbindung gebracht werden kann. Daraus ergab sich, dass sich unsere Vorfahren wärmen konnten, aber auch das Kochen und Braten erlernten. Auch das zog wichtige weitere zivilisatorische Entwicklungen nach sich. 

Wann jedoch die Holzbearbeitung Spezialisten wie Zimmermänner oder Tischler hervorbrachte, bleibt im Dunkel der Geschichte. Ein Hinweis darauf ist einerseits der Bootsbau, andrerseits hölzerne Grabbeigaben, wie etwa kleine Tische oder Figuren aus dem alten Ägypten. Wobei ein Zeitraum von etwa 7000 bis 8000 Jahre vor unserer Zeit angelegt werden kann. Sicher gab es damals auch Häuser aus Holz. Der moderne Zimmermann in Mitteleuropa fand als Handwerker seinen Anfang im frühen Mittelalter. Ihm folgte der Tischler beziehungsweise dieser ging aus dem Beruf des Zimmermann etwa ab dem 14. Jahrhundert hervor.

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Warum trennten sich Tischler und Zimmermann?

Als im Mittelalter die Urbanisierung einsetzte und immer mehr Städte gegründet wurden, stieg der Bedarf an Holzspezialisten. Die Landbevölkerung, die Bauern, stellten weitgehend alles selbst her, von der Scheune bis zur Holzbank. Aus dieser Zeit stammt der Spruch:“Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“. In der Stadt jedoch gab es viele unterschiedliche Berufe. Der Allrounder, wie es ein damaliger Landwirt sein musste, wurde in der Stadt von Spezialisten verdrängt. Diese besaßen auf ihren Beruf ausgerichtete Werkzeuge. Zudem stieg deren Erfahrungsschatz mit jedem Auftrag, was wiederum eine bessere Qualität in der Ausführung, aber auch in der Geschwindigkeit bedeutete. Aus dem Landwirt, der auf dem Dorf ein Alleskönner war, wurde in der Stadt schnell ein Tagelöhner, wenn er sich nicht auch spezialisierte.

So entstand zuerst die Zunft der Zimmerer oder Zimmermänner, deren Aufgabe es war, Häuser zu errichten, die im Mittelalter aus Holzbalken und Brettern gebaut wurden. Eine besondere Fertigkeit verlangt hierbei bis heute die Errichtung des Dachstuhls. Schon damals galt in den Städten der Grundsatz, das möglichst in die Höhe gebaut werden soll, denn überhöhte Grundstückspreise sind keine Erfindung der Neuzeit. Je höher jedoch ein Holzhaus oder auch ein Fachwerkhaus werden soll, desto mehr Anforderungen werden an die Statik gestellt. Auch wenn es ein Steinhaus war, so bekam es immer einen Dachstuhl aus Holz aufgesetzt, der Dachneigungen ermöglichte, über deren überlappenden Dachziegel das Regenwasser abfließen konnte. Die Aufgaben des Zimmermannes wurden immer stärker auf den eigentlichen Hausbau eingeengt.

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Das Bürgertum verlangt Möbel, der Tischler oder Schreiner wird geboren

Bis in das 14. Jahrhundert fertigte der Zimmermann auch Fenster, Türen, Treppen und Möbel aller Art. In vielen Städten entstand damals ein wohlhabendes Bürgertum mit Bürgern, die nicht nur ein Haus besaßen, sondern auch Möbel dafür wollten. Aufträge dieser Art häuften sich und so mancher Zimmermann schwenkte vom Hausbau um auf die Inneneinrichtung der Häuser. Sie spezialisierten sich aus der Zimmerei heraus zum Tischler, abgeleitet von Tisch oder im Süden Deutschlands zum Schreiner, abgeleitet von Schrein, was früher eine Truhe war.

Der Unterschied von Tischler zu Zimmermann

Eine Zimmerei fertigt bauliche Konstruktionen unter architektonischen Gesichtspunkten. Holzhäuser, Dachstühle, aber auch Holzbrücken oder etwa Spielplatzgerätschaften aus Holz.

In einer Tischlerei werden Türen, Fenster, Möbel, Küchen, Treppen oder auch Vertäfelungen aus Holz gefertigt.

In beiden Berufen braucht es ein umfangreiches Equipment, um den heutigen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Ob nun eine Tischlerei oder eine Zimmerei, der Maschinenpark sowie das Handwerkszeug zur Holzbearbeitung wachsen im Umfang unaufhörlich, denn die Holztechnik wird beständig weiterentwickelt. Während in der Zimmerei durchaus noch das Vollholz aus einem Stamm zum Einsatz kommt, aber auch mit extrem stabilen Verbindungen wie Leimholz gearbeitet wird, sind in einer Tischlerei heute verschiedene Verbundplatten gegenüber dem Vollholz tonangebend.

Kunsttischler und Rollladenbauer, weitere Berufszweige aus Zimmermann und Tischler

Der Sonnenkönig, Ludwig XIV, machte den Beruf des Kunsttischlers populär. Für sein Schloss in Versailles beauftragte er Tischler mit der Fertigung von kunstvoll verzierten Tischen, Kommoden und Anrichten, die er beispielsweise im Spiegelsaal an den Wänden entlang aufstellen ließ. Darauf wurden Buffets für die Gäste angerichtet, denn Ludwig war eher ein Freund von Stehpartys. Eine Vorliebe, die der spätere Kaiser von Frankreich, Napoleon Bonaparte, mit ihm teilte. Der europäische Adel griff die Idee der reichhaltigen Ornamentik an Möbeln auf und so entstand das Berufsbild des Kunsttischlers.

Ebenfalls aus Frankreich stammt die Jalousie, die als Vorläuferin des Rollladens im 18. Jahrhundert entwickelt wurde. In Deutschland löste der Rollladen vor allem in der Wirtschaftswunderzeit nach dem Zweiten Weltkrieg die bis dahin üblichen Klappläden an den Fenstern ab. Im Jahr 1961 gründete sich der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz e. V. in dem das Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk vereint ist. Vorher war die Anfertigung von Rollläden wie auch Klappläden eine Aufgabe von Tischlereien, zumal diese Rollläden bis dahin schon in Möbeln einsetzten, etwa Sekretären, deren Schreibflächen auf diese Art verschlossen wurden. Auch heutige Büromöbel werden oft mit Rolltüren versehen, allerdings hat Kunststoff hier das schön gemaserte und nachhaltige Holz weitgehend verdrängt.

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